Schwarzes Gold Roman by Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer

Schwarzes Gold Roman by Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer

Autor:Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlagsgruppe Luebbe GmbH Co KG


22

Anders schloss die Haustür auf und betrat das Wohnzimmer. Es war still im Haus. Seine Mutter saß wie immer an ihrem Platz in der Ecke des Esszimmers. Sie hatte die Brille auf, und vor ihr lagen der Stammbaum und die Handschriftenkopien aus dem Reichsarchiv.

Er ließ sich vor dem Fernseher nieder und tat so, als würde er sich etwas ansehen, um nicht leere Phrasen mit ihr austauschen zu müssen. Nach einer Weile fiel ihm auf, dass die Stille im Haus andersartig und merkwürdig war. Seine Mutter saß auf eine Weise regungslos und apathisch da, dass Anders sich nicht länger konzentrieren konnte. Er wagte einen Blick in ihre Richtung. Sie starrte auf die Tischplatte.

»Was ist los?«

»Alles in Ordnung, mein Junge.«

»Was machst du da?«

Die Mutter antwortete nicht.

Er erhob sich und ging zu ihr hin. Auf dem Tisch lag ein grelles Farbfoto, das einen geschniegelten Typen zeigte. Darüber hatte jemand mit Kugelschreiber gekritzelt:

All the best! James Cagney

»So sieht er also aus. Hast du sein Autogramm bekommen?«

Sie schwieg.

»Sieht irgendwie glatt aus.«

Sie schwieg noch immer.

»Ich habe gesehen, dass du ihm einen Brief geschrieben hast«, sagte Anders und schloss schnell wieder den Mund. Das hätte er nicht sagen dürfen. Der Brief an Cagney war privat gewesen, ein Teil von Mutters heimlichem Leben und nicht für seine Augen bestimmt. Die Mutter würde nicht verkraften, dass er Bescheid wusste, das wurde ihm sofort klar.

Die Gefühle tobten im Gesicht seiner Mutter. Sie hatte sich geöffnet, hatte einen persönlichen Brief an James Cagney geschrieben. Das Bild musste die Antwort sein, die sie erhalten hatte. Sie war zurückgewiesen worden. Und diese Zurückweisung tat weh.

Sie schauten sich an. Er sah, dass sie seine Gedanken erriet – und dass sie dieser Situation nicht gewachsen war.

Sie riss ihm das Bild aus der Hand und begann brüsk ihre Unterlagen zusammenzulegen. »So«, sagte sie. »Kümmer dich nicht darum, das bin ja nur ich, mit meinem lächerlichen Hobby.«

Er ging zurück zum Sofa und versuchte sich wieder auf das Fernsehprogramm zu konzentrieren. Es war Krimi-Stunde. Ein Zivilpolizist fuhr in einem offenen Triumph Roadmaster auf der Kanalinsel Jersey herum und bewohnte eine noble Wohnung, eine Art Penthouse. Für eine Weile vergaß Anders seine Mutter, doch die schwere Stimmung traf ihn schon bald erneut – es war, als läge sie in der Luft, als übertöne sie das Gerede im Fernsehen.

Er warf einen Blick über die Schulter. Die Mutter hatte sich nicht bewegt und weinte lautlos. Wieder stand er unbeholfen auf. Er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte, und stotterte: »Was ist denn?«

Keine Reaktion. Es war kein Geräusch zu hören. Ihr Gesicht war in stillem Schmerz verzogen. Tränen strömten über ihre Wangen, sie wiegte ihren Körper monoton vor und zurück.

Anders hatte seine Mutter noch nie in einem derartigen Zustand gesehen. Beunruhigt wiederholte er: »Was ist denn?«

Keine Reaktion.

Schließlich erhob sie sich langsam. »Das bin ich«, sagte sie barsch. »Ein Nichts!« Dann begann sie alle Papiere, die auf dem Tisch lagen, in Fetzen zu reißen. Sie raffte ganze und zerrissene Blätter zusammen, Pappe und Dokumentationen, die fein säuberlich notierten Ergebnisse jahrelanger Ahnenforschung:



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.